Donnerstag, 1. August 2013

Ist es nachts kälter als draussen?

Ich habe im Rahmen des zweiten Lerndurchgangs der "Grundzüge der Wirtschaftsinformatik" nun das dritte Skript beendet. Obwohl die erste Bearbeitung schon eine Weile her ist und ich eigentlich das Gefühl hatte, mir nichts gemerkt zu haben, geht mir der aktuelle Durchgang gottseidank wesentlich leichter von der Hand als der erste. Alles ist irgendwie bekannt und teils auch schon vor dem Lesen ansatzweise reproduzierbar. Ausserdem fühle ich mich vom Stoffumfang nicht mehr ganz so erschlagen, zumal ich durch die Stoffeingrenzung ab und an ein paar Seiten überspringen darf, was der Motivation sehr zuträglich ist. Trotzdem gibt es einige Kapitel, die mir nach wie vor ziemlich sinn-, oder besser substanzlos erscheinen. 

Nur wenige wissen, wie viel man wissen muss, um zu wissen, wie wenig man weiß

Auch wenn Heisenberg seine Unschärferelation ganz sicher nicht im Zusammenhang mit der Wirtschaftsinformatik-Klausur postuliert hat, keimt beim Durcharbeiten von Probeklausuren immer wieder die Assoziation danach auf. Ort oder Impuls, ähm nein, Antwort a oder b, das ist die Frage, ähm nein, das ist die Antwort!

Wenn man sich die ohnehin schon spärlichen Diskussionen in den Internetforen ansieht, geht es dabei fast ausschließlich um die Einsendeaufgaben bzw. Klausurlösungen. Gerade bei der Wirtschaftsinformatik scheiden sich aber selbst bei den Einsendeaufgaben regelmäßig die Geister, was man an den oftmals völlig konträren Lösungen der Mitstudenten gut sehen kann. Was sagt uns das? Selbst MIT ALLEN UNTERLAGEN und sämtlicher auf diesem Planeten zur Verfügung stehender Sekundärliteratur können einige Fragen schlichtweg nicht definitiv beantwortet werden. Da die Einsendeaufgaben frühere Klausuren darstellen, beeinflusst selbst bei allerbester Vorbereitung immer noch eine gehörige Portion Glück (oder Intuition?) das Ergebnis.

Ob das im Sinne des Erfinders ist? Woran liegt das eigentlich? Ich unterstelle dem Lehrstuhl nicht mal, dass hier absichtlich so gehandelt wird. Vielmehr glaube ich, dass man im Laufe der Jahre einfach ein wenig betriebsblind geworden ist. Viele Dinge, die für einen Wirtschaftsinformatiker oder anverwandten Beruf völlig selbstverständlich sind, sind es für einen "Einsteiger" eben nicht.

Anforderung an die Datenrelevanz

Es sind außerdem genau jene Kapitel, über die man so locker drüberliest und sich andauernd denkt "Logo! Was auch sonst!?", die einem dann beim Multiple-Choice-Test graue Haare wachsen lassen. Typisches Beispiel ist eine triviale Fragen wie "Welche Aussage zum Einsatz des Internets in Betrieben trifft zu?" mit den Antwortmöglichkeiten "a) Es wird auf allen Ebenen regelmäßig verwendet; b) Es wird nur in den dispositiven Bereichen häufig verwendet; c) In der Führungsebene ist der Einsatz intensiver als im operativen Bereich; d) Gib dem Affen Zucker".

Pfff, also was jetzt? Es wird wohl in jedem Betrieb etwas anders laufen. Aber die für diese eine Klausur an diesem einen Ort als richtig geltende Antwort findet sich nur im Skript - weil es da eben so steht wie es steht (wenn überhaupt). Das ist also kein extrapolierbares, universales Wissen, sondern Wissen, das anhand nicht nachvollziehbarer Kriterien postuliert wurde. Denn was ist "häufig"? "Häufig" im Vergleich zu was und zu welchem Zeitpunkt? Ab wann ist eine Internet-Nutzung eigentlich häufig und wann nur mittelhäufig (frag das mal einen WoW-Spieler)? Ist "häufig" gleich "regelmäßig" (jedes Jahr einmal ist auch regelmäßig)? Wie definiert sich der "Einsatz" des Internets überhaupt in diesem Zusammenhang? Surfen? Datenaustausch? Funktionsintegration? Was ist eine "intensive" Internetnutzung? Zeitliche, datenvolumenmäßige oder inhaltliche Priorisierung? Käfigaffen oder freilebende Tiere?

Ich komme also immer wieder zum gleichen Konsens: Die Klausurfragen sind oft nicht konkret genug und die Antwortmöglichkeiten nicht eindeutig genug. Das führt mich zu dem Schluss, dass für die Klausur "lockeres Drüberlesen" Zeitverschwendung ist. Entweder man lernt ein Kapitel ohne Kompromisse auswendig oder man lässt es gleich ganz bleiben. Manchmal(!) ist letzteres die bessere Entscheidung, denn substanzlose Informationsvernetzung um der Vernetzung Willen kann (und will) zumindest ich mir nicht merken. Was habe ich davon, wenn ich die Phrase "Das Internet wird in Betrieben häufig benutzt" nebst einer ganzen Reihe ähnlich phänomenal inhaltsschwerer Phrasen auswendig kann? Nüscht, genau.

Aber damit kein falscher Eindruck aufkommt - immerhin nörgle ich die meiste Zeit nur herum - die Wirtschaftsinformatik finde ich sehr interessant, nur eben nicht Umfang und Inhalt einiger Kapitel der Skripten und auch nicht die Art der Fragestellung in den Klausuren. Wie bei der BWL bin ich auch hier der Meinung: Weniger ist oft mehr. Eine überschaubare Stoffmenge wirklich gut zu können ist wesentlich gewinnbringender als alles irgendwie und doch nicht so richtig zu beherrschen. Die VWL machts vor: Nicht alles auf einmal, dafür guter, nachvollziehbarer und überschaubarer Inhalt, auf den man als Basis in den nächsten Semestern gut zurückgreifen kann. Es wird später ohnehin nochmal alles konkretisiert, wozu also die Eile?


Timetracker:
Einführung Wirtschaftsinformatik: 71h 31min
Einführung VWL: 45h 13 min
Einführung BWL:47h 52 min (Videokurse nicht mitgerechnet!)
Gesamt: 164h 36min 

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