Freitag, 6. Dezember 2013

Lernen früher und heute

Mir wird immer bewußter, wie drastisch sich das Lernen durch die neuen Medien in den letzten Jahrzehnten eigentlich verändert hat. Wenn ich meine jetzige Situation mit früher vergleiche, muss ich ich provokanterweise folgende These in den Raum werfen: Früher war alles besser schwerer! Dabei kann ich mein derzeitiges Studium sowohl mit der Zeit ohne Internet (Schule) als auch der Anfangszeit des Internets (Studium) vergleichen. In diese Lage wird keine Generation nach mir jemals wieder kommen, ich bin sozusagen ein Zeitzeuge des Internets.

Schule versus Fernstudium

Aber es war nicht der zu lernende Stoff per se schwerer, sondern die Informationsbeschaffung rundherum! Wenn ich damals im Unterricht etwas nicht verstanden habe und das Lehrbuch auch nicht mehr hergab als das Gebrabbel des Lehrers, habe ich mehr oder weniger Pech gehabt. Sekundärliteratur war, zumindest wenn man am Land wohnte und keine Bibliothek in unmittelbarer Nähe hatte, nur mit sehr viel Aufwand zu beschaffen.

Heute setzt man sich vor den PC und bekommt Informationen im Überfluss. Tutorials, Zusammenfassungen, Fremdskripten, Videos, Hausaufgabe, Referate, die Liste strebt schier gegen die liegende Acht. Ich halte das für eine tolle Sache, die der Entwicklung der Menscheit unheimlich gut tut, ähnlich wie Gutenbergs Buchdruck.

Wie wichtig dieser "neue" Informationsfluss auch für die Entwicklung der persönlichen Stärken und Schwächen ist, sehe ich derzeit an der Mathematik. In der Schule kämpfte ich in diesem Fach des öfteren ums Überleben. Ich bin zwar immer durchgekommen, aber es war eine andauernde Quälerei. Heute macht mir Mathe richtig Spaß! Das liegt wahrscheinlich zum einen an meiner persönlichen Entwicklung, andererseits zum Großteil daran, dass ich mir jede Thematik von zig virtuellen Personen erklären lassen kann, bis sie mir aus den Ohren wieder rauskommt. Passt mir eine Methode nicht, suche ich die nächste, passt mir ein Blickwinkel nicht, suche ich nach einem anderen. Ich bin nicht mehr auf die drei Sätze vom Mathe-Lehrer oder den einschlägigen Absatz in meinem einzigen Lehrbuch angewiesen.

Mich würde brennend interessieren, wie meine Mathe-Laufbahn wohl ausgesehen hätte, wenn ich damals die Möglichkeiten von Heute gehabt hätte! Ein Mathe-Genie wäre ich wohl nie geworden, denn die gab es auch damals mit den spärlichen Unterlagen schon, aber ich bin mir sicher, dass ich mir zumindest wesentlich leichter getan hätte.

Erststudium versus Fernstudium

Während meines ersten Studiums war das Internet anfangs nur an der Uni zugänglich, wenig später dann auch via Standleitung im Studentenheim. Das war damals noch etwas Besonderes! Meinen ersten Kontakt mit dem Internet hatte ich übrigens gleich am ersten Tag, an dem ich in die Uni-Stadt gezogen bin und mich mit einem Kumpel im EDV-Raum der TU getroffen habe. Ich saß ganz nervös vor der Kiste und wußte nicht, was ich eigentlich nachschauen sollte. Letztlich bin ich bei irgendwelchen Star-Trek-Seiten gelandet und verließ den Raum nur wegen dem Protest meines Kumpels, dessen Account ich nutzte ;)

Damals fungierte das Internet eher als gesetzlose Spielwiese für alles Mögliche, aber nicht als Quelle für seriöse Informationen. Es gab weder Google, noch Youtube oder irgendwelche Videoportale (was bei der Bandbreite auch kaum machbar war) und die privaten Homepages geizten meist nicht mit bunten, animierten Gifs und HTML-Code aus dem Tabellenbaukasten. Gesucht wurde damals übrigens noch mit "altavista". (Oh Mann, ich komme mir alt vor wenn ich das lese)

Wenn ich mich recht erinnere, habe ich in dieser Zeit eigentlich kaum fachspezifische Themen im Netz recherchiert, wohl aus Mangel an entsprechend seriösem Angebot. Erst nach und nach kamen dann Quellen wie Wikipedia dazu, die zumindest ein wenig Ordnung in das unüberschaubare Medium Internet brachten. Trotzdem spielte sich das Studium vorwiegend in den Büchern ab, denn die meisten Vorlesungen an der Uni hatte ich bald als billige Werbeveranstaltung für das "Professoren-Buch" enttarnt und blieb ihnen fern, um mich ohne Umwege den Büchern zu widmen. Ich war schon damals ein Preis/Leistungsoptimierer.

Aber das war schon teilweise Wahnsinn: Es gab z.B. acht verschiedene Professoren in einem Fach und jeder davon hatte sein eigenes Buch herausgebracht, wonach er auch prüfte (mit exaktem Wortlaut!). Man konnte also erst richtig lernen, wenn man wußte, zu wem man eingeteilt wurde. Da lobe ich mir wieder die LOTSE-Geschichte der Fernuni.

Aber zurück zum Thema Internet. Ich denke mein Fernstudium kommt genau zur rechten Zeit. Der E-Education-Markt ist bereits etabliert und steckt nicht mehr ganz so tief in seinen Kinderschuhen. Präsenzvorlesungen vermisse ich nicht, weil sie mir ohnehin zu zeitaufwendig sind (hinfahren, warten, heimfahren,..). Stattdessen sind Videovorlesungen genau mein Ding und bei den gängigen Bandbreiten auch absolut kein Problem mehr. Ich drehe dabei meistens die Abspielgeschwindigkeit auf das 1,5 bis 2fache, weil mir die Herrschaften viel zu langsam brabbeln, und los gehts. Dazu die Uni-Skripten bzw. bei Bedarf Fremdskripten aus unterschiedlichsten Quellen. Bei Detailfragen dann gezielte Internetrecherche und Youtube's Welt der Hochkantfilmer. Ein Traum. Ich liebe es, auf diese Weise zu studieren.

2 Kommentare:

  1. Ja, man kann viel mit dem Internet lernen, aber es ist auch sehr schwierig für viele sich dann NICHT ablenken zu lassen. Merke ich bei mir immer mehr.

    Was hast du denn als Erststudium studiert?

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  2. >Was hast du denn als Erststudium studiert?

    Würde mich auch mal interessieren...

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