Montag, 25. Dezember 2017

Da waren's nur noch zwei! (Erfahrungsbericht PC-Technologie)

Letzte Woche war es soweit, die Prüfung zum Modul "PC-Technologie" stand auf dem Programm. Wie ihr in den vorausgehenden Beiträgen wahrscheinlich gelesen habt, stand ich kurzweilig (sogar mehrmals) knapp davor, die Prüfung zu verschieben. Ich war einfach komplett leer! Und die Vorstellung, meinen gesamten Weihnachtsurlaub mit Lernen zu verbringen, war nicht gerade prickelnd. Nichtsdestotrotz habe ich in den sauren Apfel gebissen und mich der Situation gestellt. Die Wochen vor einer Prüfung sind sowieso immer anstrengend - ob jetzt oder später, was macht das schon für einen Unterschied? Im Nachhinein bin ich natürlich froh, dass ich angetreten bin, weil ich die Prüfung erfolgreich abschließen konnte. Dann waren's also nur noch zwei bis zum Master!

Beim Durchlesen der Prüfungsprotokolle von Dr. Lenhardt habe ich aus irgendeinem Grund den Eindruck bekommen, dass er ziemlich streng sei. Dementsprechend akribisch habe ich mich auch vorbereitet. Die Prüfungssituation war aber nicht anders, als ich es aus meinen anderen mündlichen Prüfungen gewohnt bin, sprich: eine so angenehme und entspannte Atmosphäre, wie sie eine solche Situation eben hervorbringen kann. Alles lief wohlwollend und fair. Man darf übrigens auch mal das eine oder andere Detail nicht wissen, ohne dass gleich Weltuntergang angesagt wäre. Wie es allerdings aussieht, wenn man irgendwo komplett am falschen Fuß erwischt wird, kann ich nicht beurteilen. Die Notengebung vom Prüfer halte ich zudem für ebenso sehr fair.

Ein paar Worte zur Prüfung: Dr. Lenhardt fragt eher punktuell, also keine Monologe, sondern gezielte Detailfragen. Es kommt ihm aber gar nicht so sehr auf die Minidetails per se an - naja, manchmal schon auch - sondern primär auf das Verständnis der Materie. So ist das Wissen aus den Skripten nur die Vorbereitung auf die eigentliche Frage, die dann oft relativ viel Transferwissen bzw. eine intensive Auseinandersetzung mit der Materie erfordert. Dieses Transferwissen stammt allerdings nicht aus dem Modulskript selbst, sondern aus den informationstechnologischen Basismodulen und allem, was man sonst noch so an informatischem Wissen zusammenkratzen kann. Da sind Wirtschaftsinformatiker leider relativ schwach aufgestellt (siehe Basismodule in technischer Informatik, Rechnerachitekturen etc. der BSc-Informatiker). Nachdem ich das bereits geahnt hatte, habe ich sehr - SEHR! - viel nachgelesen und ergänzt. Ich würde mal grob schätzen, dass sich der Workload damit locker um 50% vergrößert hat, wenn nicht noch mehr. Die folgenden Ausführungen gelten also vorwiegend für die Wirtschaftsinformatiker. Die Informatiker werden sich wahrscheinlich leichter tun und weitaus weniger Aufwand betreiben müssen.

Unter anderem habe ich mir als Basis eine Vorlesungsreihe zu Rechnerorganisation des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) angesehen (Link) und auch Teile von Vorlesungen zur technischen Informatik, die auf YouTube zu finden sind. Meine alten Skripte zur Einführung in die technische Informatik habe ich auch wieder rausgekramt. Sehr gute, für mich schön nachvollziehbare Erklärungen, fand ich auf elektronik-kompendium.de. Diese Seite ist auf alle Fälle eine Empfehlung wert, da hier vor allem der Detaillierungsgrad der Informationen sehr gut passt. Ansonsten waren natürlich Wikipedia und die einschlägigen Hardware-Geekoidforen gute Anlaufstellen. Insgesamt gesehen war diese zusätzliche Stoffererabeitung bei dem ohnehin schon sehr umfangreichen Modul auf jeden Fall der anstrengendste Part. Es ist wirklich ein "Erarbeiten" (sic!) des Stoffes, nicht einfach nur ein "Skript pauken und fertig". Das war es wohl auch, was mir so viel Energie geraubt hat. Es ist einfach unbefriedigend, wenn man sich durch eine schwierige Kurseinheit kämpft und das bei weitem noch nicht ausreichend ist.

Besonders lernintensiv sind die ersten beiden Kurseinheiten (Aufbau und Funktion; Hauptspeicher- und Prozessverwaltung). Diese beiden Einheiten bilden das Herz des Moduls, die muss man aus dem Stand drauf haben. Die Informationsdichte ist dabei echt wahnsinnig hoch, vor allem was CPU-Architekturen, virtuelle Speicherverwaltung, Schutzmechanismen und Prozessverwaltung betrifft. Tausende Zahlen, Steuerbits, Abhängigkeiten, Ausnahmen, Erweiterungen. Die Krux dabei: die Darstellungen beginnen immer da, wo die anderen Module aufhören. D.h. es ist zwar vorteilhaft, wenn man z.B. die virtuelle Speicherverwaltung schon gut drauf hat (wie es bei mir aus dem Betriebssysteme-Modul der Fall war), dennoch sind die tatsächlichen Überschneidungen auf Hardwareebene marginaler als man meinen möchte. Vielmehr braucht man das Betriebssysteme-Wissen ganz dringend, um beim Hardware-Teil irgendwo ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Letztlich habe ich das Modul aber gewählt, weil mich die Thematik interessiert und ich die Zusammenhänge einfach verstehen wollte, unabhängig von der Prüfung. Meines Erachtens geht es sicher auch mit weniger Aufwand, als ich ihn betrieben habe - wobei ich dazusagen muss, dass relativ viele Sachverhalte, die ich mir zusätzlich aneignen konnte, auch tatsächlich in der Prüfung (direkt oder indirekt) gefragt wurden. Der Grenzbereich lag für mich bei den puristischen elektrotechnischen Details. Die ganzen Spannungen, Pegel, Potentiale, Stromflüsse (z.B. bei SSDs) habe ich zwar gelernt, so wie sie im Skript standen, aber nicht bis auf die unterste elektrotechnische Verständnisebene ausgebreitet. Dazu hat mir dann einfach das Basiswissen gefehlt (und ich studiere btw. auch nicht Elektrotechnik). Mir ging es da eher um das Verständnis der grundlegenden Abläufe, ohne den Fokus unbedingt auf elektrotechnisch korrekte Nomenklatur zu legen.

Sollten euch meine Fragen interessieren: Definition PC, Komponenten auf einem Mainboard Marke Aspach Uralt erklären (immer wieder mit punktuellen Zwischenfragen zu den Schnittstellen, Übertragungsraten, Funktionsprinzipien; einfach alles querbeet), HDD, SSD, Grafikkarten. Das waren allerdings nur die Überschriften, es ging letztlich immer um das Verständnis, warum etwas so gemacht wird, wie es gemacht wird. Wie ihr außerdem seht, hatte ich keine Frage zur virtuellen Speicherverwaltung, was ich ziemlich schade fand, denn die hatte ich bis zum allerletzen Steuerbit und mit sämtlichen Erweiterungsvarianten komplett im Neuronentalon. Ich finde das Thema irgendwie faszinierend, aber jeder hat so sein Spleens, nicht wahr? Ansonsten gibt die Fragensammlung der Fachschaft einen wirklich sehr repräsentativen Überblick über das Fragenspektrum. Es gibt im Skript sicher auch einige Kapitel, die man eventuell "vernachlässigen" könnte, wenn man denn wollte. Z.B. wollte sich mir die Sinnhaftigkeit einer 10seitigen Abhandlung über Technik und Darstellungsprobleme von Videoprojektoren nicht so recht erschließen, selbst wenn man die Teile manchmal an einen PC anstöpselt. Auch die KE über mobile Computer (Laptops) ist eher als Appendix anzusehen (keine wesentliche Mehrinformation). Zur KE über Netzwerke kommen auch sehr selten Fragen, wobei ich persönlich die Kurseinheit ganz interessant fand und deshalb auch ziemlich genau gelernt habe. Ich konnte schon als Kind keine Kabel und Stecker wegwerfen und sammle sie immer noch in vielen, vielen Kisten, ganz zur Freude meiner Frau. Einen Teil der erläuterten alten Technologien, die den Übergang zur aktuellen Technik bildeten, habe ich damals in meinem Erststudium noch selbst miterleben (und mitverlegen) dürfen. Dadurch bekommt man einen ganz anderen Zugang zur Materie, das war für mich eine eher emotionale Kurseinheit. Was könnte ich euch über unser damaliges Token-Ring-Netz im Studiheim für Anekdoten erzählen?!

Das Skript ist natürlich nicht auf dem neuesten technischen Stand, was ich durchaus nachvollziehen kann. Es geht auch gar nicht darum, den neuesten Ryzen-Prozessor zu erklären, sondern die Grundmechanismen zu verstehen. Ich persönlich habe beim Lernen bzw. Nicht-Lernen von Legacy-Kapiteln differenziert zwischen "toter" Technologie, die heute weder verwendet wird, noch als Basis für andere Technologien dient, und Basistechnologie, die zwar alt ist, deren Grundstruktur aber das Funktionsprinzip neuerer Technologien widerspiegelt. Was tot ist soll auch tot bleiben. Die technischen Daten der wichtigsten Komponenten habe ich um die Spezifikationen aktueller Hardware erweitert. Wenn ich mir schon Zahlen merke, dann lieber gleich die aktuellen.

Was mich am Skript etwas gestört hat, war die ständig vorhandene Unschärfe, vor allem ab KE3. Da gab es immer wieder einmal inkonsitente Begriffsverwendungen und sehr punktuelle Informationsspitzen. Ich glaube, dass es als Autor und Experte auf einem Gebiet auch manchmal sehr schwer ist, nicht in eine gewisse Betriebsblindheit zu verfallen. Es lässt sich schwer in Worte fassen, aber ich hatte immer so das untergriffige Gefühl, es fehlt was. Nehmen wir mal als Beispiel ein Haus mit vier Räumen und folgender Beschreibung: Raum A hat blaue Wände, Raum B einen Fliesenboden, Raum C hat LED-Lampen installiert und Raum D keine Fenster. Jetzt weiß ich vier Dinge über vier Räume, aber ich weiß gleichzeitig zu jedem Raum drei Dinge nicht (hat Raum A Fenster? Ist das relevant?). Das sind genau die Informationen, die man sich dann zusammensuchen muss. Ach ja, und Spurenelemente sind in meinen Augen allerhöchstens für biologische Organismen relevant, für Festplatten wohl eher nicht. Diese synonyme Begriffsverwendung für Bitzellen erinnert mich an eine Aktion meines Bäckers, der vor Jahren mal eine neue Brotvariante gebacken und "Kernkraftbrötchen" genannt hat. Die Kraft seiner Sonnenblumenkerne verlor sich leider in der allgemeinen Sprachassoziation dieses Begriffs mit Atomkraftwerken. Hat nicht lange gedauert, bis die Brötchen wieder umbenannt wurden, die ständigen Fragen der Kunden sind ihm wahrscheinlich auf die Nerven gegangen. :D

Mein Fazit für Wirtschaftsinformatiker und/oder Quereinsteiger: PC-Technologie ist kein Modul, das dich an die Hand nimmt und elfengleich durch den Stoff geleitet. Nein, es bringt dich in Unterhosen auf die Basisstation des Himalaya und sagt: "Mach mal, wir sehen uns dann oben". Wer Interesse an der Materie hat, soll sich davon allerdings nicht abhalten lassen, es muss ja nicht immer der einfache Weg sein. PC-Technologie ist aber definitiv kein Streichelkurs für Fachfremde, die "irgendwas ohne Mathe aus dem Infobereich" absolvieren wollen oder müssen. Retrospektiv muss ich sagen, dass ich wirklich viel gelernt und durch das eigenständige Erarbeiten auch sehr viele Zusammenhänge erst richtig verstanden habe. Ich möchte dieses Wissen nicht mehr missen, bin aber dennoch froh, dass die Gipfelbesteigung jetzt hinter mir liegt.

2 Kommentare:

  1. Glückwunsch Markus, da fehlen ja nur noch zwei und das Praktikum.

    Wir hatten beim hiesigen Konditor mal ein Auslieferungssprinter, welcher den Schriftzug "Teilchenbeschleuniger" trug ;)

    Ich habe mich übrigens auch in den Kurs "Betriebssysteme" für nächstes Semester eingeschrieben, vielleicht kannst du mir ja noch ein paar hilfreiche Dokumente zukommen lassen ;) Von PC-Technologie werde ich allerdings nach dieser Retrospektive definitiv die Finger lassen.

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    1. Hi Lars, in BS sind die Skripten wirklich gut, da brauchst du nichts extra.

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